Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt.

Im Jahr 1336 verzichtete Markgraf Ludwig I. von Brandenburg auf mehrere Ortschaften, darunter Angern, das fortan nicht mehr zur brandenburgischen Altmark, sondern zum Erzbistum Magdeburg gehörte. Damit erneuerte der Erzbischof die Belehnung der Markgrafen mit den erzbischöflichen Gütern in der Altmark, wobei Wolmirstedt, Alvensleben, Rogätz, Angern und die Grafschaft Billingshoch ausdrücklich als Besitzungen des Erzstifts Magdeburg anerkannt wurden. Für den Erzbischof und seine Nachfolger gingen damit alle Ansprüche auf Angern und andere nördlich der Ohre gelegene Ortschaften an das Erzstift Magdeburg über. Dies stellt zugleich die erste urkundliche Erwähnung des Ortes Angern dar.

Zur Sicherung seiner Ansprüche ließ Erzbischof Otto von Magdeburg im Jahr 1341 eine Wasserburg auf einer vermutlich künstlich angelegten Insel errichten. Ob es sich um einen Neubau handelte oder eine bestehende Anlage erweitert wurde, ist unklar, da bereits 1336 eine Burg in Angern erwähnt wird.

Die Wasserburg wechselte mehrfach den Besitzer. 1343 gehörte sie Gerlof von Brunhorcz. Ab 1363 war Lüdecke von Grieben Lehnsherr, ein Vasall derer von Grieben, der ihren Namen annahm. Im Jahr 1370 wurden Lüdecke von Grieben und die Söhne des Ritters Jakob von Eichendorff mit Angern belehnt.

Ab 1373 war Ritter Gebhard von Alvensleben Lehnsherr, der durch Überfälle auf Magdeburger Kaufleute auffiel. 1382 belagerten Magdeburger Bürger die Burg und erzwangen ihren Verkauf für 400 Mark Silber. Nach längeren Streitigkeiten wurde die Burg am 1. August 1384 an Erzbischof Albrecht IV. übergeben.

Historischer Kontext

Im 14. Jahrhundert befand sich die Altmark, eine historische Region im heutigen Sachsen-Anhalt, in einem Spannungsfeld zwischen verschiedenen Herrschaftsformen und territorialen Mächten. Zentral war die Auseinandersetzung zwischen den Markgrafen von Brandenburg und dem Erzbistum Magdeburg, die beide ihre Ansprüche und Einflussbereiche in dieser Grenzregion des Heiligen Römischen Reiches geltend machten.

Die Markgrafen von Brandenburg, eine bedeutende Territorialmacht im Nordosten Deutschlands, kontrollierten im frühen 14. Jahrhundert große Teile der Altmark. Gleichzeitig besaßen die Erzbischöfe von Magdeburg umfangreiche geistliche und weltliche Herrschaftsrechte in der Region, die sie kontinuierlich auszubauen suchten. Diese Konkurrenz führte zu politischen Verhandlungen, Besitzwechseln und oft auch zu Konflikten um die Kontrolle wichtiger Ortschaften und Burgen (vgl. Dehio 2002; Grimm 1958).

Ein bedeutender Wendepunkt war das Jahr 1336, als Markgraf Ludwig I. von Brandenburg auf mehrere Ortschaften, darunter Angern, verzichtete. Durch diesen Verzicht ging Angern formal an das Erzstift Magdeburg über, das damit seine territoriale Macht in der Altmark konsolidierte. Die Belehnung der Markgrafen mit erzbischöflichen Gütern wurde erneuert, jedoch mit der ausdrücklichen Anerkennung der Zugehörigkeit wichtiger Orte wie Angern, Wolmirstedt und Rogätz zum Erzbistum (Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 444).

Diese politischen Veränderungen spiegelten sich auch in der militärischen Infrastruktur wider. Um seine Ansprüche zu sichern und die Verwaltung zu stärken, ließ Erzbischof Otto von Magdeburg im Jahr 1341 eine Wasserburg in Angern errichten. Wasserburgen waren ein charakteristischer Typ von Niederungsburgen, die sich durch künstlich angelegte Inseln und umlaufende Wassergräben auszeichneten. Sie dienten als Verteidigungsanlagen, Verwaltungssitze und Symbole territorialer Macht (vgl. Zeune 1994; Wäscher 1962).

Die politische Konstellation und die daraus resultierende Bautätigkeit in Angern sind exemplarisch für die wechselvollen Machtverhältnisse im Nordosten des Heiligen Römischen Reiches im Spätmittelalter. Das Zusammenspiel von geistlicher und weltlicher Herrschaft prägte die Region nachhaltig und legte den Grundstein für die weitere Entwicklung der Altmark bis in die Frühe Neuzeit.

Urkundliche Ersterwähnung und territorialer Übergang Angerns (1336)

Die erste gesicherte urkundliche Erwähnung des Ortes Angern datiert auf das Jahr 1336 und ist eng mit einem bedeutenden territorialpolitischen Vorgang verbunden. In jenem Jahr verzichtete Markgraf Ludwig I. von Brandenburg auf mehrere Ortschaften, darunter Angern, die fortan nicht mehr zur brandenburgischen Altmark, sondern zum Erzbistum Magdeburg gehörten. Dieses Ereignis markiert nicht nur einen politischen Wendepunkt, sondern auch den Beginn einer neuen Herrschaftsphase für Angern innerhalb der erzbischöflichen Machtstruktur.

Mit dem Verzicht wurden die Rechte an Angern und anderen nördlich der Ohre gelegenen Orten offiziell dem Erzstift Magdeburg übertragen. Zugleich erneuerte der Erzbischof die Belehnung der Markgrafen mit den erzbischöflichen Gütern in der Altmark, wobei die genannten Ortschaften ausdrücklich als Besitzungen des Erzstifts anerkannt wurden (Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 444). Diese Vereinbarung führte zu einer klaren Abgrenzung der territorialen Zuständigkeiten und regelte die Verhältnisse zwischen geistlicher und weltlicher Obrigkeit.

Der Übergang bedeutete für Angern nicht nur eine administrative Neuordnung, sondern auch eine veränderte politische Einbindung. Das Erzstift Magdeburg war ein bedeutender geistlicher und weltlicher Machtfaktor im Heiligen Römischen Reich, der seine Herrschaft mit einem ausgeprägten Verwaltungs- und Wehrsystem sicherte. Die Integration Angerns in diese Struktur beeinflusste maßgeblich die weitere Entwicklung der Ortschaft und die Errichtung der späteren Wasserburg. Die Urkunde von 1336 stellt daher einen zentralen Ankerpunkt in der Geschichte Angerns dar, der den Ort erstmals in den überregionalen Machtkontext des 14. Jahrhunderts einbettet und Grundlage für spätere bauliche und politische Entwicklungen bildet.

Quellen

  • Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 444: Verzichtsurkunde Ludwigs I. von Brandenburg und Belehnung durch das Erzstift Magdeburg

  • Dehio, Georg (2002): Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt I. München/Berlin.

  • Grimm, Paul (1958): Die vor- und frühgeschichtlichen Burgwälle der Bezirke Halle und Magdeburg. Berlin.

  • Zeune, Johannes (1994): Burgtypen in Mitteleuropa.

  • Wäscher, Hermann (1962): Feudalburgen in den Bezirken Halle und Magdeburg, Bd. 1. Berlin.

 

Zur Sicherung seiner Ansprüche ließ Erzbischof Otto von Magdeburg im Jahr 1341 eine Wasserburg auf zwei künstlich angelegten Inseln errichten. Ob es sich dabei um einen vollständigen Neubau handelte oder eine bereits bestehende Anlage erweitert wurde, ist unklar, da bereits 1336 eine Burg in Angern erwähnt wird.

Die Burg Angern wurde um 1340 als hochmittelalterliche Niederungsburg in der Altmark errichtet und bestand aus drei funktional getrennten Inseln: einer Hauptburg mit tonnengewölbtem Palas, einer südlich vorgelagerten Turminsel mit quadratischem Bergfried mit 8 Stockwerken und einem Nebengebäude mit Brunnenanlage sowie einer westlich gelegenen Vorburg. Charakteristisch ist der vollständig umlaufende Wassergraben, der die einzelnen Bereiche topografisch isolierte. Die Anlage dokumentiert exemplarisch die militärisch-administrative Architektur des 14. Jahrhunderts im Einflussbereich des Erzstifts Magdeburg.

Burg Angern

Die Wasserburg wechselte mehrfach den Besitzer. Im Jahr 1343 gehörte sie Gerlof von Brunhorcz. Ab 1363 war Lüdecke von Grieben Lehnsherr, ein Vasall derer von Grieben, der deren Namen annahm. Im Jahr 1370 wurden Lüdecke von Grieben und die Söhne des Ritters Jakob von Eichendorff mit Angern belehnt.

Als der Erzbischof von Magdeburg im Jahr 1341 in Angern eine Burg errichten ließ, wird vermutet, dass er zugleich das Patronat der Kirche in Palnitz sowie Eigentum in diesem Ort anstrebte. Wann das Dorf Palnitz aufgegeben wurde, ist nicht genau überliefert. Sicher ist jedoch, dass es spätestens vor der Einführung der Reformation verlassen war. Wahrscheinlich handelte es sich bei Palnitz ursprünglich um eine wendische Ansiedlung. Im Jahr 1562 wird das Dorf erstmals als wüst beschrieben.

Zwischen 1319 und den 1340er Jahren vollzog sich in der Altmark eine bedeutende Phase der Urbanisierung und Besiedlung. Im Jahr 1319 wurde die Stadt Salzwedel gegründet, die sich rasch zu einem wichtigen regionalen Handelszentrum entwickelte. In den folgenden Jahrzehnten, insbesondere in den 1320er bis 1340er Jahren, setzte eine intensive märkische Kolonisation ein. Dabei wurden zahlreiche neue Dörfer gegründet, oft durch Siedler aus Flandern und Holland, die das wirtschaftliche und demographische Wachstum der Region maßgeblich förderten. Diese Prozesse trugen wesentlich zur sozialen und strukturellen Transformation der Altmark im frühen 14. Jahrhundert bei.

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Alte Dorfstrasse in Angern um 1340 (KI Rekonstruktion)

Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Schloss Angern – Baugeschichte, Raumbild und kultureller Wandel zwischen Mittelalter, Barock und Klassizismus. Die Geschichte von Schloss Angern in der Altmark ist ein exemplarisches Zeugnis adeliger Bau- und Lebensformen im Wandel der Jahrhunderte. Als aus einer hochmittelalterlichen Wasserburg hervorgegangenes Gutsschloss vereint die Anlage bauliche Schichten aus drei Epochen: der Gründungsphase um 1340, dem barocken Ausbau unter Generalleutnant Christoph Daniel von der Schulenburg ab 1738 und der klassizistischen Umformung durch Edo Graf von der Schulenburg um 1843. Die erhaltene Raumstruktur mit Hauptinsel, Turminsel und Vorburg, die Integration mittelalterlicher Gewölbe, die klar gegliederte barocke Raumordnung und die klassizistische Repräsentationskultur des 19. Jahrhunderts machen Schloss Angern zu einem einzigartigen Zeugnis ländlicher Adelskultur in Mitteldeutschland. Die Architektur erzählt von militärischer Funktion, gutsherrlicher Selbstvergewisserung und bürgerlich-rationaler Modernisierung – ein Ensemble, das in seiner Vielschichtigkeit die Transformationsprozesse adliger Repräsentation zwischen Spätmittelalter und Moderne sichtbar macht.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1850
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Nach der Zerstörung der Burganlage von Angern im Dreißigjährigen Krieg im Sommer 1631 durch den Einfall des Holk'schen Regiments – blieben das Erdgeschoss es Palas und der Turm mit mehreren Etagen sowie auch die Tonnengewölbe neben dem Turm erhalten. Aus diesen Resten entstand ab etwa 1650 ein schlichter Neubau, der baulich und funktional zwischen ruinöser Burg und barockem Schloss vermittelt. Die neue Wohnanlage umfasste laut Quellenbefund drei Hauptbestandteile: das zweigeschossige Haupthaus, ein einstöckiges Nebengebäude und den dazwischenstehenden Rest des Turms. Letzterer war als solcher zwar funktionslos geworden, aber architektonisch in das Ensemble eingebunden und beherbergte immerhin noch ein bewohnbares Zimmer.
Baupolitik, Raumordnung und Repräsentation auf dem Rittergut Angern um 1734 – Eine Analyse des "Pro Memoria" Christoph Daniel von der Schulenburg im Kontext vergleichbarer Gutsherrschaften. Das Gutsarchiv Angern überliefert mit 31-Punkte umfassenden "Pro Memoria" von 1734 (Rep. H Angern Nr. 409) ein einzigartiges Zeugnis adliger Planungspraxis im 18. Jahrhundert. Christoph Daniel von der Schulenburg, königlich sardischer General und Besitzer des Ritterguts Angern, skizziert darin die umfassende Neugestaltung seiner Besitzung. Das Dokument gewährt Einblick in eine administrative Rationalisierung, ästhetisch-repräsentative Raumgestaltung und die materiellen wie sozialen Strukturen eines barocken Gutes. Im Folgenden wird dieses Bauprogramm analysiert und mit zeitgleichen Gutsherrschaften in Brandenburg-Preußen und Norddeutschland verglichen.
Finanzielle Lasten und Investitionsprioritäten beim Schlossbau in Angern – Eine Analyse der Ausgabenbilanz von 1737. Die Ausgabenbilanz vom 24. Mai 1737 stellt ein aufschlussreiches Dokument über die ökonomischen Rahmenbedingungen und Prioritätensetzungen während der frühen Phase des barocken Schlossbaus in Angern dar. Christoph Daniel Freiherr von der Schulenburg , der damalige Besitzer des Ritterguts, ließ die Anlage ab 1735 unter erheblichen finanziellen Aufwendungen neu errichten. Die Bilanz verzeichnet zwischen 1735 und Mai 1737 Gesamtausgaben in Höhe von 22.026 Talern, 16 Silbergroschen und 8 Pfennig , von denen 9.100 Taler explizit als baugebundene Ausgaben ausgewiesen sind.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.