Erbe des Ritterguts Angern, kaiserlicher Offizier und Begründer der Angerner Stammlinie. Alexander Friedrich Christoph von der Schulenburg (*5.8.1720, †1801)war der vierte Sohn Heinrich Hartwig I. und wurde zum Begründer der jüngeren Hauptlinie Angern. Nach einer militärischen Laufbahn in kaiserlichen Diensten trat er, den Bedingungen seines Onkels Christoph Daniel folgend, das Rittergut Angern als Majorat an. Seine Erhebung in den preußischen Grafenstand, die Heirat mit Luise Eleonore von Bismarck und seine wirtschaftlichen Reformen machten ihn zu einer prägenden Gestalt des Hauses im 18. Jahrhundert.
Militärische Laufbahn in kaiserlichen Diensten
Alexander Friedrich Christoph trat früh in die kaiserliche Armee ein und machte dort rasch Karriere. Im Jahr 1753 ist er als Rittmeister belegt, 1758 erfolgte die Beförderung zum Major, 1759 wurde er zum Oberst der Kavallerie erhoben. Diese militärischen Dienstgrade sind durch Patente im Familienarchiv Angern eindeutig dokumentiert. Bemerkenswert ist, dass ihn Friedrich der Große, obwohl Alexander nicht in preußischen Diensten stand, am 20. Juli 1753 in den preußischen Grafenstand erhob. Die Publikation der Standeserhebung erfolgte jedoch erst durch Kabinettsorder vom 16. Juli 1774. Alexander hatte um diese Auszeichnung gebeten, da er – so wörtlich – mit dem Grafendiplom seine „Fortune machen wollte“.
Testamentsverfügung und Erbantritt
Zunächst war Alexander von seinem kinderlosen Onkel Christoph Daniel I. von der Schulenburg testamentarisch als Erbe des Guts Krüssau eingesetzt worden. Im Kodizill vom 12. August 1763 änderte dieser jedoch die Bestimmung dahin ab, dass Alexander das Majorat Angern erhalten solle, sofern er den österreichischen Dienst verlasse und vom preußischen König eine Begnadigung erwirke, da er in fremden Diensten gegen Preußen gefochten hatte. Alexander erfüllte diese Bedingungen in vollem Umfang: Er verließ nach dem Tod des Onkels die kaiserliche Armee, bat König Friedrich II. erfolgreich um Verzeihung und konnte schließlich das Rittergut Angern antreten. Mit ihm begann die genealogisch klar abgegrenzte Angerner Linie der Familie von der Schulenburg.
Ehe und Nachkommen
Nach dem Erbantritt heiratete Alexander Friedrich Christoph Luise Eleonore von Bismarck. Aus der Ehe gingen insgesamt elf Kinder hervor – fünf Söhne und sechs Töchter. Zwei Söhne und eine Tochter verstarben früh, drei Töchter heirateten, und drei Söhne führten die Angerner Stammlinie fort. Die Eheleute wurden in Angern bestattet. Die Darstellung seiner von Eleonore auf dem überlieferten Portrait entspricht der Konvention des 18. Jahrhunderts: vornehmer Schmuck, kostbare Stoffe und eine würdevolle Haltung unterstrichen nicht nur ihre Schönheit, sondern vor allem ihre Rolle als standesbewusste Repräsentantin der Familie.
Portraits von Alexander Friedrich Christoph und Eleonore geb. von Bismarck
Wirtschaftliches und gesellschaftliches Wirken
Alexander Friedrich Christoph war nicht nur ein loyaler Erbe, sondern auch ein aktiver Gestalter des Gutsbetriebs Angern. Am 6. Juni 1765 verlieh er dem Domkapitel zu Magdeburg eine Summe von 7.000 Reichstalern. Die Rückzahlung inklusive Zinsen quittierte er am 13. September 1780. Darüber hinaus setzte er zahlreiche wirtschaftliche und bauliche Maßnahmen um, die zur Konsolidierung und Modernisierung des Ritterguts beitrugen. Er förderte auch soziale Projekte und half der örtlichen Bevölkerung in praktischen Belangen. Unter seiner Leitung wurde das Anwesen neu strukturiert und durch verschiedene Investitionen gestärkt. Die familiäre Verbindung zu den Bismarcks trug darüber hinaus zur Erweiterung des politischen Einflusses der Schulenburgs bei.
KI bearbeitete Portraits von Portraits von Alexander Friedrich Christoph und Eleonore geb. von Bismarck
Kulturelles Wirken
Alexander Friedrich Christoph von der Schulenburg trat nicht nur als Militär und Majoratsherr hervor, sondern auch als engagierter Förderer von Wirtschaft, Kultur und Bildung in Angern. Am 6. Juni 1765 gewährte er dem Domkapitel zu Magdeburg ein Darlehen über 7.000 Reichstaler, dessen vollständige Rückzahlung samt Zinsen er am 13. September 1780 quittierte – ein Beleg für sein wirtschaftliches Geschick und seine Position als kreditgebender Gutsherr. Unter seiner Leitung wurden das Schloss und die angrenzenden Ländereien baulich und strukturell verbessert. Durch gezielte Investitionen stärkte er die landwirtschaftliche Produktivität und unterstützte die lokale Bevölkerung bei gemeinnützigen Vorhaben.
Besondere Aufmerksamkeit widmete Alexander auch der von Christoph Daniel übernommenen Bibliothek. Unter seiner Ägide entwickelte sich die Sammlung von einer höfisch geprägten Adelsbibliothek des 17. und 18. Jahrhunderts hin zu einer Einrichtung mit aufklärerischem Anspruch. Neben genealogischen und historischen Werken enthielt die Bibliothek zunehmend staatsphilosophische, moralpädagogische und literarische Schriften. Autoren wie Friedrich II., Voltaire, Marie Le Prince de Beaumont oder Montesquieu zeugen vom intellektuellen Interesse Alexanders an den zentralen Fragen seiner Zeit: Bildung, Staatsführung und gesellschaftliche Verantwortung des Adels. Die Bibliothek wurde so zu einem Spiegel der geistigen Neuorientierung des Hauses Schulenburg im Zeitalter der Aufklärung.
Söhne
Sein Sohn Friedrich Christoph Daniel (1769–1821) übernahm das Erbe und führte Haus Angern fort. Er war ein preußischer Verwaltungsbeamter, Gutsbesitzer und engagierter Reformer. Nach seinem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Halle wurde er 1793 Landrat im Herzogtum Magdeburg und später Kammerdirektor in Warschau. Ab 1801 widmete er sich der Sanierung seines Gutes Angern, modernisierte die Landwirtschaft nach Thaers Methoden und regelte die Erbverhältnisse des Majorats durch ein umfassendes Inventar. Während der Befreiungskriege organisierte er die Landwehr in der Altmark und erhielt dafür das Eiserne Kreuz. 1816 wurde er zum Chefpräsidenten der Regierung in Magdeburg ernannt. Er war zweimal verheiratet, sein Sohn Edo setzte die Familienlinie fort. Friedrich Christoph Daniel starb mit nur 52 Jahren und wurde in der Familiengruft in Angern beigesetzt.
Der Sohn Alexander trat nach dem Studium in Halle in den preußischen Verwaltungsdienst und brachte es bis zum Geheimen Oberrechnungsrat, ging aber 1822 als Direktor zur Haupt-Ritterschaft der Kur- und Neumark (bis 1836). Durch seine Heirat mit Charlotte von Jagow kam er in den Besitz des Gutes Lenzerwische in der Westprignitz. Da aber sein einziger Sohn vor ihm starb, fiel das Gut an die beiden ihn überlebenden Töchter Luise Charlotte Karoline von Frankenberg und Ludwigsdorf und Ottilie Albertine Eleonore Juliane Gräfin von Schlippenbach und ging an das letztgenannte Geschlecht über.
Der jüngste Sohn, Joseph Ferdinand Adolf Achaz (1776-1831) wurde 1791 Standartenjunker im preußischen Kürassierregiment von Ihlow in Salzwedel (seit 1792 von Borstell) und 1794 Secondeleutnant in diesem Regiment.
Im Feldzug gegen Frankreich tat er sich hervor und wurde 1798 als besondere Auszeichnung zum Regiment der Gardes du Corps (Kürassierregiment Nr. 13) in Berlin und Umgebung versetzt. Hier trat er in freundschaftliche Beziehungen zum Prinzen Louis Ferdinand von Preußen, den er beim Besuch der österreichischen Manöver 1804 begleitete. Den Feldzug 1806/07 machte er – seit 18. Februar 1807 als Rittmeister und Kompaniechef – bei diesem Regiment mit und blieb auch nach dem Tilsiter Frieden bei ihm. 1809 wurde er Major und erhielt die Erlaubnis zur Heirat. Beim Einzug des Zaren Alexander in Breslau am 15. März 1813 kommandierte er dessen Eskorte. In den Befreiungskriegen führte er zunächst die Gardes du Corps, später eine Landwehrbrigade und wurde mit dem Eisernen Kreuz II. und I. Klasse ausgezeichnet, auch erhielt er russische Orden. Nach dem zweiten Pariser Frieden war er vorübergehend bei der mobilen Armee in Frankreich unter Zieten, wurde 1818 Kommandeur der 4. Kavalleriebrigade und 1820 Generalmajor. Seine Stärke lag in gründlicher Pferdekenntnis, weniger im Truppendienst. Ein schweres Leiden nötigte ihn, 1825 aus dem aktiven Dienst zu scheiden. Bei seiner endgültigen Pensionierung erhielt er 1830 den Charakter als Generalleutnant.
Seine Vermählung mit Henriette Ernestine Luise von Schöning legte den Grund zum Übergang der Herrschaft Filehne in der Provinz Posen an das einzige Kind aus dieser Ehe, Graf Adalbert. Dieser wurde zunächst als Jurist ausgebildet, trat aber vor dem Assessorexamen in das Dragoner-Regiment Nr. 2 in Schwedt ein. Als Premierleutnant nahm er 1851 den Abschied, da seine Tante Wilhelmine Gräfin von Blankensee geb. von Schöning ihn zum Erben von Filehne einzusetzen wünschte. Zunächst aber musste sie sich mit den Geschwistern ihres Mannes auseinandersetzen. Graf Adalbert gewann den daraus entstehenden Prozess in zwei Instanzen für seine Tante, welche durch Vergleich mit den Miterben den uneingeschränkten Besitz der Herrschaft Filehne erhielt. Sie übergab ihm den Besitz 1855 als freies Eigentum. Von nun an widmete sich Graf Adalbert der Verwaltung des etwa 15.000 ha großen Gutes, betätigte sich aber auch politisch und war Mitglied des Norddeutschen Reichstages, später des Deutschen Reichstages und daneben zehn Jahre lang Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses. In seinen letzten drei Lebensjahren wurde er zum Landtagsmarschall der Provinz Posen und zum Kommendator des Johanniterordens in der Provinz Posen gewählt.
Aus seiner Ehe mit Luise Freiin von Sobeck gingen zwei Töchter und ein Sohn hervor, welcher früh verstarb. Beim Tode des Grafen Adalbert wurde seine Witwe Erbin von Filehne. Sie stiftete 1890 die neugotische Kapelle in der Nähe des Schlosses als Denkmal für ihren verstorbenen Gemahl, in deren Gruft die Angehörigen des Hauses Filehne ihre letzte Ruhestätte fanden. Gräfin Luise überlebte ihren Gemahl fast 40 Jahre.
Quellen
- Graf von der Schulenburg, Dietrich Werner / Wätjen, Hans: Geschichte des Geschlechts von der Schulenburg (1237–1983), Wolfsburg: Selbstverlag, 1984 – eine umfassende Familiengeschichte mit detaillierten genealogischen, historischen und besitzgeschichtlichen Darstellungen, insbesondere zur Teilung des weißen Stammes und zur Rolle Busso I. von der Schulenburg.
- Johann Friedrich Danneil, Das Geschlecht von der S., 1847, S. 67f.; Georg Schmidt, Das Geschlecht von der S., Bd. 2: Stammreihe Beetzendorf, 1899, S. 659–661;
- Wolfgang von der Groeben: Verzeichnis der Mitglieder des Corps Saxonia zu Göttingen 1844 bis 2006, Düsseldorf 2006, S. 31;
- Walter Hubatsch (Hg.), Grundriß der deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945, Reihe A: Preußen, Bd. 6, Provinz Sachsen, 1975, S. 35;
- Stefan Karnop/Lars-Henrik Rode/Mathias Tullner, Der Regierungsbezirk Magdeburg und seine Geschichte, 1998, S. 64.