Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt.

Begründer der jüngeren Linie des weißen Stammes – Landeshauptmann der Altmark – Erwerber von Altenhausen. Matthias I von der Schulenburg (geb. spätestens 1405 – † zwischen Februar und November 1477) entstammte dem weitverzweigten Adelsgeschlecht von der Schulenburg, das sich im 14. Jahrhundert in zwei Hauptlinien aufgeteilt hatte – in die sogenannte „schwarze“ und die „weiße“ Linie.

Matthias gehörte zur letzteren und war der jüngste Sohn des Ritters Fritz I von der Schulenburg (Nr. 56). Er wuchs vermutlich in einer von Adelskarriere, lehnsrechtlichen Bindungen und militärischen Diensten geprägten Umgebung auf. Seine älteren Brüder nahmen wie er am weiteren Ausbau der Familienbesitzungen teil. Matthias wird erstmals am 5. März 1424 in einer Urkunde des Erzbischofs von Magdeburg erwähnt, in der ein Vertrag zwischen dem Kloster Neuwerk bei Halle und der Familie von Trotha dokumentiert ist. Er trat dort als Zeuge auf – ein Hinweis auf seine bereits erreichte Mündigkeit, die sein Geburtsjahr spätestens um 1405 ansetzt.

Matthias I wurde im Jahr 1448 gemeinsam mit seinen Brüdern Busso I und Bernhard durch einen Lehnbrief von Erzbischof Friedrich von Magdeburg zu einem rechten männlichen Lehen mit der Herrschaft Angern belehnt und begründete den jüngeren Zweig, der den Burghof in Angern besaß. Er war ein bedeutender kurbrandenburgischer Rat, Landeshauptmann der Altmark, Ritter und Herr auf Beetzendorf sowie Pfandinhaber von Altenhausen

Politische Laufbahn und landesherrliche Dienste

Matthias I. lebte in einer Zeit des politischen Umbruchs. Die Mark Brandenburg wurde unter den Hohenzollern konsolidiert, und der Einfluss der alten Adelsfamilien war einem ständigen Wandel unterworfen. Während des 15. Jahrhunderts musste sich die Familie Schulenburg gegen andere Adelsgeschlechter wie die Bismarcks und die Alvenslebens behaupten.

Matthias I machte im Verlauf seiner Karriere eine beachtliche Laufbahn in den brandenburgischen Diensten. Die Quellen berichten von seiner Mitwirkung an „mannigfachen Staatsgeschäften“, was auf eine vielseitige diplomatische und administrative Tätigkeit schließen lässt. Seine Aufnahme in den Schwanenorden im Jahr 1443 gemeinsam mit seinen Brüdern unterstreicht seinen gesellschaftlichen Rang und seine Einbindung in die ritterlich-höfische Elite des mitteldeutschen Adels. Ein besonderer Höhepunkt seines politischen Wirkens war die Ernennung zum Landeshauptmann der Altmark im Jahr 1464. In diesem höchsten Verwaltungsamt der Region folgte er auf Arnd von Lüderitz und bekleidete die Position bis zum Jahr 1470. In dieser Rolle hatte er maßgeblichen Einfluss auf die landespolitische Ordnung in einer Zeit zunehmender landesherrlicher Konsolidierung unter den Askaniern und frühen Hohenzollern. Sein Nachfolger wurde 1471 Busso von Alvensleben – eine bedeutende Adelsfamilie, mit der die Schulenburgs vielfach verbunden waren.

Erwerb und Sicherung von Familienbesitz: Altenhausen

Eine entscheidende Wendung im Leben von Matthias I bildete der Erwerb von Schloss Altenhausen, der am 1. Mai 1475 dokumentiert ist. Zusammen mit seinem Sohn Bernhard XI erhielt er von Erzbischof Johann von Magdeburg die Erlaubnis, die Anlage von Ortgies Klenke und dessen Ehefrau Jutta einzulösen. Altenhausen wurde damit zum neuen Stammsitz der jüngeren Linie des weißen Stammes, deren Begründer Matthias war.

Dieser Besitzwechsel war nicht nur wirtschaftlich bedeutsam, sondern auch rechtlich komplex. Die Schulenburgs verzichteten im Gegenzug auf die Rückzahlung der Pfandsumme und erhielten das Schloss als erbliches Lehen. Die Transaktion war eingebettet in ein System spätmittelalterlicher Pfandverträge, wie sie in der altmärkischen Adelsgesellschaft üblich waren. Zusammen mit Altenhausen wurde den Schulenburgs auch die Mark Schricke zugewiesen. Die Dörfer Groß Santersleben und Gersleben hingegen mussten dem Erzstift zurückgegeben werden – was auf einen territorialen Interessensausgleich hindeutet.

Letzte Jahre und Tod

Matthias I tritt noch einmal am 5. Februar 1477 als Käufer eines Achtels von Beetzendorf auf, was zeigt, dass er bis zuletzt in Besitz- und Erwerbsvorgänge eingebunden war. Doch bereits am 3. November 1477 wird er in einem Lehnrevers seiner Vettern aus dem weißen Stamm als verstorben bezeichnet. Daraus ergibt sich der Zeitraum seines Todes zwischen Februar und November 1477.

Ehe und Nachkommenschaft

Matthias war mit Anna von Alvensleben (†1481) verheiratet, die Tochter von Ludolf II. von Alvensleben auf Calbe (†1437) – eine Verbindung, die zwei bedeutende Adelsgeschlechter der Altmark miteinander verband. Aus der Ehe gingen zwölf Kinder hervor, darunter nachweislich drei SöhneBernhard XI. von der Schulenburg (erwähnt 1475, †1500) (Nr. 113), der in die Fußstapfen seines Vaters trat und die Besitzungen der Familie weiterführte, Busso III (Nr. 114) und Hans V (Nr. 115), außerdem Sophia von der Schulenburg. Die drei Brüder wurden im Jahr 1485 von Erzbischof Ernst mit Schloss Altenhausen als erbliches Lehen belehnt – ein bedeutsamer Schritt, der die Besitzansprüche der Familie dauerhaft festigte. Ob Matthias darüber hinaus zwei weitere Söhne geistlichen Standes hatte, ist ungewiss; entsprechende Hinweise sind in den Quellen nicht eindeutig.

Bedeutung und Nachwirkung

Matthias I war eine Schlüsselfigur in der Geschichte des Hauses von der Schulenburg. Er verband den Typus des landesherrlich orientierten Adligen – eingebunden in brandenburgische Ämter und ritterliche Netzwerke – mit dem des territorial verankerten Grundherrn, der durch kluge Erwerbspolitik eine neue Familienlinie etablierte. Der Erwerb von Altenhausen, verbunden mit dem Verzicht auf Rückzahlung der Pfandsumme, war nicht nur ein wirtschaftlicher Akt, sondern ein strategisches Fundament für den Aufbau einer eigenständigen Adelslinie mit langfristiger Stabilität.

Mit ihm beginnt die konsolidierte Geschichte des Astes Altenhausen, der über Jahrhunderte hinweg im Familienbesitz blieb und politische, militärische und kulturelle Relevanz entfaltete. Matthias I steht damit exemplarisch für die spätmittelalterliche Entwicklung vom Dienstadel zum landbesitzenden Territorialadel – eine Transformation, die in der Altmark besonders plastisch zu beobachten ist.

Quelle

  • Graf von der Schulenburg, Dietrich Werner / Wätjen, Hans: Geschichte des Geschlechts von der Schulenburg (1237–1983), Wolfsburg: Selbstverlag, 1984 – eine umfassende Familiengeschichte mit detaillierten genealogischen, historischen und besitzgeschichtlichen Darstellungen, insbesondere zur Teilung des weißen Stammes und zur Rolle Busso I. von der Schulenburg.
Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Schloss Angern – Baugeschichte, Raumbild und kultureller Wandel zwischen Mittelalter, Barock und Klassizismus. Die Geschichte von Schloss Angern in der Altmark ist ein exemplarisches Zeugnis adeliger Bau- und Lebensformen im Wandel der Jahrhunderte. Als aus einer hochmittelalterlichen Wasserburg hervorgegangenes Gutsschloss vereint die Anlage bauliche Schichten aus drei Epochen: der Gründungsphase um 1340, dem barocken Ausbau unter Generalleutnant Christoph Daniel von der Schulenburg ab 1738 und der klassizistischen Umformung durch Edo Graf von der Schulenburg um 1843. Die erhaltene Raumstruktur mit Hauptinsel, Turminsel und Vorburg, die Integration mittelalterlicher Gewölbe, die klar gegliederte barocke Raumordnung und die klassizistische Repräsentationskultur des 19. Jahrhunderts machen Schloss Angern zu einem einzigartigen Zeugnis ländlicher Adelskultur in Mitteldeutschland. Die Architektur erzählt von militärischer Funktion, gutsherrlicher Selbstvergewisserung und bürgerlich-rationaler Modernisierung – ein Ensemble, das in seiner Vielschichtigkeit die Transformationsprozesse adliger Repräsentation zwischen Spätmittelalter und Moderne sichtbar macht.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal Anfang des 20. Jahrhunderts (KI coloriert)
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Nach der Zerstörung der Burganlage von Angern im Dreißigjährigen Krieg im Sommer 1631 durch den Einfall des Holk'schen Regiments – blieben das Erdgeschoss es Palas und der Turm mit mehreren Etagen sowie auch die Tonnengewölbe neben dem Turm erhalten. Aus diesen Resten entstand ab etwa 1650 ein schlichter Neubau, der baulich und funktional zwischen ruinöser Burg und barockem Schloss vermittelt. Die neue Wohnanlage umfasste laut Quellenbefund drei Hauptbestandteile: das zweigeschossige Haupthaus, ein einstöckiges Nebengebäude und den dazwischenstehenden Rest des Turms. Letzterer war als solcher zwar funktionslos geworden, aber architektonisch in das Ensemble eingebunden und beherbergte immerhin noch ein bewohnbares Zimmer.
Baupolitik, Raumordnung und Repräsentation auf dem Rittergut Angern um 1734 – Eine Analyse des "Pro Memoria" Christoph Daniel von der Schulenburg im Kontext vergleichbarer Gutsherrschaften. Das Gutsarchiv Angern überliefert mit 31-Punkte umfassenden "Pro Memoria" von 1734 (Rep. H Angern Nr. 409) ein einzigartiges Zeugnis adliger Planungspraxis im 18. Jahrhundert. Christoph Daniel von der Schulenburg, königlich sardischer General und Besitzer des Ritterguts Angern, skizziert darin die umfassende Neugestaltung seiner Besitzung. Das Dokument gewährt Einblick in eine administrative Rationalisierung, ästhetisch-repräsentative Raumgestaltung und die materiellen wie sozialen Strukturen eines barocken Gutes. Im Folgenden wird dieses Bauprogramm analysiert und mit zeitgleichen Gutsherrschaften in Brandenburg-Preußen und Norddeutschland verglichen.
Finanzielle Lasten und Investitionsprioritäten beim Schlossbau in Angern – Eine Analyse der Ausgabenbilanz von 1737. Die Ausgabenbilanz vom 24. Mai 1737 stellt ein aufschlussreiches Dokument über die ökonomischen Rahmenbedingungen und Prioritätensetzungen während der frühen Phase des barocken Schlossbaus in Angern dar. Christoph Daniel Freiherr von der Schulenburg , der damalige Besitzer des Ritterguts, ließ die Anlage ab 1735 unter erheblichen finanziellen Aufwendungen neu errichten. Die Bilanz verzeichnet zwischen 1735 und Mai 1737 Gesamtausgaben in Höhe von 22.026 Talern, 16 Silbergroschen und 8 Pfennig , von denen 9.100 Taler explizit als baugebundene Ausgaben ausgewiesen sind.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.