Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt.

Bernhard von der Schulenburg (1427–1469) wurde im Jahre 1448 mit seinen Brüdern Busso und Matthias durch Lehnbrief Erzbischofs Friedrich von Magdeburg zu rechten männlichen Lehen belehnt. 

Die von ihm begründete mittlere Linie des weißen Stammes derer von der Schulenburg war trotz geringer politischer Präsenz über mehrere Generationen hinweg territorial bedeutsam. Nach der Einigung mit seinen Brüdern erhielt Bernhard VIII. den Alten Hof in Angern neben der Kirche; doch verlor sein Zweig im Verlauf des 16. Jahrhunderts schrittweise seinen Besitz, bis schließlich 1561 sein Nachkomme Christoph III. von der Schulenburg die letzten Anteile veräußerte und der mittlere Zweig damit im Mannesstamm erlosch.

Bernhard VIII. von der Schulenburg und seine Nachkommen bis zum Aussterben des Hauses Erdeborn-Schochwitz

Im genealogischen Gefüge des weißen Stammes der Familie von der Schulenburg bildet die von Bernhard VIII. († nach 1453) begründete mittlere Linie einen eigenständigen, historisch weniger prominenten Zweig, dessen Bedeutung vor allem in territorialer Hinsicht sichtbar wird. Während die ältere Linie unter Busso I. und die jüngere Linie unter Matthias I. politische und militärische Akzente in der brandenburgischen Adelsgeschichte setzten, trat Bernhard VIII. kaum öffentlich hervor. Dennoch war er als kurfürstlicher Rat und Mitglied des Schwanenordens ein in höfischen Kreisen anerkannter Vertreter seines Standes.

Bernhard VIII. wird in brandenburgischen Urkunden meist gemeinsam mit seinen Brüdern genannt. Er war Mitbeteiligter an zentralen Transaktionen der Familie, etwa beim Erwerb von Angern und bei den umfangreichen hildesheimischen Pfandgeschäften. Seine Wohnsitznahme in Beetzendorf lässt sich archivalisch belegen: Am 25. April 1453 kaufte er von Vettern mehrere Gebäude nahe der dortigen Burg.

Sein älterer Sohn, Bernhard X., trat kurzfristig in den Besitz des Schlosses Arneburg, das ihm am 10. April 1482 verpfändet, jedoch bereits 1485 durch den Kurfürsten wieder eingelöst wurde. Danach übernahm er die Pfandschaft an der halben Burg Erxleben von Dietrich VI., bis 1505 eine Rücklösung durch Busso von Alvensleben erfolgte.

Der jüngere Sohn, Fritz V., wurde als der letzte „echte Ritter“ des Hauses bezeichnet – eine Würde, die er durch eine Wallfahrt ins Heilige Land vorbereitete und schließlich auf Empfehlung des Kurfürsten Johann erhielt. Für seine Dienste erhielt er eine Zuweisung von 600 Gulden zur Bestreitung seiner ritterlichen Ausgaben. In der Zeit vor 1490 geriet Fritz in eine Fehde mit Titke von Lüderitz gegen Ludolf Verdemann, Propst zu Dambeck, was in der Bannung durch den Bischof von Verden gipfelte. Die Aufhebung des Bannes erfolgte unter harten Bedingungen im Juni 1490. Die Wallfahrt kann als Teil der erzwungenen Sühne gedeutet werden.

Fritz V. trat zudem in den Dienst des Lüneburger Herzogs Heinrich des Mittleren und erhielt 1492 das Schloss Brome als Mannlehen, mit der Verpflichtung zur Sicherung der Reichsstraßen. Sein Sohn Fritz VII. verkaufte 1548 das Schloss Brome und zog sich nach Tülau zurück, das außerhalb des Verkaufs lag. Der Familienzweig führte daher den Namen „von der Schulenburg zu Tülau“.

Spätestens Anfang des 17. Jahrhunderts starb der Mannesstamm dieses Zweigs aus. Der letzte bekannte männliche Nachkomme blieb ohne Erben. Auch die Beteiligungen an Beetzendorf gingen verloren: Sie wurden an Levin I. von der schwarzen Linie (Nr. 137) veräußert, wenn auch unter Rückkaufsvorbehalt.

Die mittlere Linie verlor damit sukzessive ihren territorialen Besitz. Besonders der Ast Schochwitz–Erdeborn, als letzter markanter Vertreter, erlosch endgültig. Die mit diesem Aussterben verbundene Rückführung der Güter in andere Familienlinien – oder ihr Verlust an konkurrierende Häuser – markiert ein häufiges Phänomen im spätmittelalterlichen Adelsgefüge: genealogische Fragmentierung bei gleichzeitiger Besitzkonzentration zugunsten der überlebenden Linien.

Quelle

  • Graf von der Schulenburg, Dietrich Werner / Wätjen, Hans: Geschichte des Geschlechts von der Schulenburg (1237–1983), Wolfsburg: Selbstverlag, 1984 – eine umfassende Familiengeschichte mit detaillierten genealogischen, historischen und besitzgeschichtlichen Darstellungen, insbesondere zur Teilung des weißen Stammes und zur Rolle Busso I. von der Schulenburg.
Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Schloss Angern – Baugeschichte, Raumbild und kultureller Wandel zwischen Mittelalter, Barock und Klassizismus. Die Geschichte von Schloss Angern in der Altmark ist ein exemplarisches Zeugnis adeliger Bau- und Lebensformen im Wandel der Jahrhunderte. Als aus einer hochmittelalterlichen Wasserburg hervorgegangenes Gutsschloss vereint die Anlage bauliche Schichten aus drei Epochen: der Gründungsphase um 1340, dem barocken Ausbau unter Generalleutnant Christoph Daniel von der Schulenburg ab 1738 und der klassizistischen Umformung durch Edo Graf von der Schulenburg um 1843. Die erhaltene Raumstruktur mit Hauptinsel, Turminsel und Vorburg, die Integration mittelalterlicher Gewölbe, die klar gegliederte barocke Raumordnung und die klassizistische Repräsentationskultur des 19. Jahrhunderts machen Schloss Angern zu einem einzigartigen Zeugnis ländlicher Adelskultur in Mitteldeutschland. Die Architektur erzählt von militärischer Funktion, gutsherrlicher Selbstvergewisserung und bürgerlich-rationaler Modernisierung – ein Ensemble, das in seiner Vielschichtigkeit die Transformationsprozesse adliger Repräsentation zwischen Spätmittelalter und Moderne sichtbar macht.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal Anfang des 20. Jahrhunderts (KI coloriert)
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Nach der Zerstörung der Burganlage von Angern im Dreißigjährigen Krieg im Sommer 1631 durch den Einfall des Holk'schen Regiments – blieben das Erdgeschoss es Palas und der Turm mit mehreren Etagen sowie auch die Tonnengewölbe neben dem Turm erhalten. Aus diesen Resten entstand ab etwa 1650 ein schlichter Neubau, der baulich und funktional zwischen ruinöser Burg und barockem Schloss vermittelt. Die neue Wohnanlage umfasste laut Quellenbefund drei Hauptbestandteile: das zweigeschossige Haupthaus, ein einstöckiges Nebengebäude und den dazwischenstehenden Rest des Turms. Letzterer war als solcher zwar funktionslos geworden, aber architektonisch in das Ensemble eingebunden und beherbergte immerhin noch ein bewohnbares Zimmer.
Baupolitik, Raumordnung und Repräsentation auf dem Rittergut Angern um 1734 – Eine Analyse des "Pro Memoria" Christoph Daniel von der Schulenburg im Kontext vergleichbarer Gutsherrschaften. Das Gutsarchiv Angern überliefert mit 31-Punkte umfassenden "Pro Memoria" von 1734 (Rep. H Angern Nr. 409) ein einzigartiges Zeugnis adliger Planungspraxis im 18. Jahrhundert. Christoph Daniel von der Schulenburg, königlich sardischer General und Besitzer des Ritterguts Angern, skizziert darin die umfassende Neugestaltung seiner Besitzung. Das Dokument gewährt Einblick in eine administrative Rationalisierung, ästhetisch-repräsentative Raumgestaltung und die materiellen wie sozialen Strukturen eines barocken Gutes. Im Folgenden wird dieses Bauprogramm analysiert und mit zeitgleichen Gutsherrschaften in Brandenburg-Preußen und Norddeutschland verglichen.
Finanzielle Lasten und Investitionsprioritäten beim Schlossbau in Angern – Eine Analyse der Ausgabenbilanz von 1737. Die Ausgabenbilanz vom 24. Mai 1737 stellt ein aufschlussreiches Dokument über die ökonomischen Rahmenbedingungen und Prioritätensetzungen während der frühen Phase des barocken Schlossbaus in Angern dar. Christoph Daniel Freiherr von der Schulenburg , der damalige Besitzer des Ritterguts, ließ die Anlage ab 1735 unter erheblichen finanziellen Aufwendungen neu errichten. Die Bilanz verzeichnet zwischen 1735 und Mai 1737 Gesamtausgaben in Höhe von 22.026 Talern, 16 Silbergroschen und 8 Pfennig , von denen 9.100 Taler explizit als baugebundene Ausgaben ausgewiesen sind.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.