Die Burg Angern als Forschungsgegenstand: Quellenlage, Befundauswertung und Rekonstruktionspotenzial. Die Burganlage von Angern in Sachsen-Anhalt stellt ein bislang kaum wissenschaftlich untersuchtes Beispiel für eine hochmittelalterliche Wasserburg mit außergewöhnlich gut erhaltener Geländestruktur und dokumentierbaren Baubefunden dar.
Das tonnengewölbte Erdgeschoss des südlich an den Wehrturm anschließenden Nebengebäudes auf der Turminsel der Burg Angern stellt ein herausragendes Beispiel für die funktionale Kopplung von Wirtschafts-, Lager- und Versorgungsräumen im Kontext hochmittelalterlicher Wasserburgen dar. Die Anlage besteht aus zwei rechtwinklig zueinander angeordneten Tonnengewölben, die als baulich und funktional geschlossene Einheit konzipiert sind. Während der nördliche Gewölberaum mit dem Erdgeschoss des Wehrturms unmittelbar verbunden ist und wesentliche Merkmale der mittelalterlichen Bauphase bewahrt, wurde der südliche Raum im Zuge der barocken Umbauten im Jahr 1738 vollständig neu aufgemauert – infolge eines dokumentierten Höhenfehlers beim Bau des angrenzenden neuen Schlossflügels. Die dabei entstandene Absenkung des Gewölbeniveaus ist durch eine bauliche Stufe von ca. 38 cm bis heute nachvollziehbar.
Die Brückenverbindung über den westlichen Wassergraben war von zentraler Bedeutung für die Erschließung und Verteidigung der Hauptburg. Die heute noch erhaltene Ziegelbrücke stammt aus der Zeit um 1870 und überformt ältere, ursprünglich hölzerne Vorgängerbauten. Für das Mittelalter ist mit einer Zugbrückenkonstruktion zu rechnen, deren Position durch historische Bauachsen belegt, deren Substanz jedoch nicht mehr erhalten ist. Die wechselnde Brückenarchitektur ist ein anschauliches Zeugnis für den Funktionswandel der Burganlage von der wehrhaften Wasserburg zum repräsentativen Landschloss.
Die hochmittelalterliche Burg Angern wurde in einer hydrologisch und strategisch besonders vorteilhaften Niederung der Altmark errichtet. Der Standort war durch einen feuchten, schwer passierbaren Bruch geprägt, der als natürliches Hindernis fungierte. Die nachfolgenden Ausführungen dokumentieren die landschaftlichen Voraussetzungen, den bautechnischen Umgang mit dem Bruchgelände sowie dessen Transformation im Laufe der Jahrhunderte.