Die vermauerten Fensteröffnungen in der westlichen und östlichen Ringmauer der Hauptburg Angern belegen bauliche Anpassungen zwischen 1650 und 1735. Ihre Position, Ausführung und spätere Verschließung spiegeln Veränderungen im Geländeniveau sowie die funktionale Umgestaltung der Burganlage nach der Zerstörung von 1631 wider. Die Befunde dokumentieren damit den Übergang von mittelalterlicher Wirtschaftsstruktur zu barocker Nutzung.
Befund E5: Fenster in der westlichen Ringmauer
Die westliche Ringmauer der Hauptburg Angern weist mehrere vermauerte Fensteröffnungen auf (vgl. Befund E3). Diese befinden sich in einem oberen Ziegelmauerabschnitt, der über einem unregelmäßigen Bruchsteinsockel liegt. Die Laibungen der Fenster bestehen aus grob zugeschnittenen Ziegeln, es fehlen mittelalterliche Gewändestrukturen. Der Mauerverband der Verschlüsse unterscheidet sich deutlich vom umgebenden Verband, was auf eine spätere Einfügung der Fenster hinweist. Die Fenster waren vermutlich zwischen ca. 1650 und 1735 in Nutzung, ehe sie erneut vermauert wurden.
Fenster 4 zeigt eine segmentbogige Überdeckung mit deutlich radial gesetzten Ziegeln. Der Sturzverlauf ist asymmetrisch verformt; insbesondere die rechte Seite kippt leicht nach außen, während auf der linken Seite die Steine enger gesetzt sind. Oberhalb des ursprünglichen Sturzes ist ein zweiter, irregulärer Bogenansatz aus später hinzugefügten Ziegeln und Feldsteinbruch sichtbar, der vermutlich eine nachträgliche Lastverlagerung oder Ausbesserung darstellt. Die Fensteröffnung selbst wurde mit kleinteiligem Ziegelfüllmaterial vermauert, das sich farblich und in der Bindung vom umliegenden Mauerverband unterscheidet. Die Position der Öffnung – relativ niedrig im Wandverband – und der schlichte Ausbau sprechen für eine Belichtung oder Belüftung eines wirtschaftlichen Nebenraums, nicht eines Wohnbereichs. Die sekundäre Verschließung erfolgte technisch einfach, mit eingeschobenem Füllmaterial, wie es für provisorische Stilllegungen typisch ist. Die unregelmäßige Fugenführung und der grobkörnige, sandige Mörtel sprechen für eine Ausbesserung im 17. oder 18. Jahrhundert. Die gesamte Ausführung bestätigt die sekundäre Entstehung dieser Öffnung im Zuge funktionaler Anpassungen der Ringmauer nach 1650.
Befund E6: Fenster in der östlichen Ringmauer
Die beiden nördlichen Fenster in der Ostwand des Palas sind bauzeitlich (ca. 1340) (zur Ostwand vgl. Befund D1). Sie bestehen aus asymmetrisch gesetzten Schlitzfenstern mit Ziegellaibung. Die drei südlichen Fenster im gleichen Mauerabschnitt zeigen dagegen spätere Verschlüsse: Die Öffnung ist segmentbogig überdeckt, mit radial gesetzten Ziegeln im Sturzbereich, und wurde sekundär mit unregelmäßigem Ziegelmaterial vermauert. Die Laibung hebt sich deutlich vom älteren, teils aus Bruchstein bestehenden Mischmauerwerk ab. Das Fugenbild ist unregelmäßig, der verwendete Mörtel unterscheidet sich sichtbar vom ursprünglichen Verband. Diese Merkmale weisen auf eine späte sekundäre Verschließung hin – vermutlich im Zuge der Geländeaufschüttung oder barocken Umbauten. Die Lage und Ausführung der Öffnung deuten auf eine frühere Nutzung als Licht- oder Belüftungsöffnung im Bereich eines nicht-repräsentativen Raumes hin, etwa einer Keller- oder Vorratszone.
Zugemauerte Fenster in der Ostwand der Hauptburg
Kontext und Datierung: Die untersuchten Fenster lassen sich in die Zeit zwischen 1650 und 1735 datieren. Hinweise ergeben sich aus dem Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 412, mit Erwähnungen der Hofaufschüttung und deren Rücknahme im Zuge des barocken Schlossbaus. Die Funktion der Fenster dürfte in einer temporären Nutzung als Belüftungs- oder Belichtungsöffnung für Wirtschaftsbereiche gelegen haben.
Vermauertes Fenster im südlichen Bereich der Ostwand
Bauhistorische Einordnung: Die Fenster in West- und Ostwand sind nicht bauzeitlich, sondern Ergebnis eines Nutzungswandels nach der Zerstörung 1631. Sie dokumentieren eine Phase der Wiederbesiedlung, Aufschüttung und Umbau zwischen ca. 1650 und 1735. Die bauzeitlichen Fenster (nördlich, Ostwand) bleiben hingegen Zeugnisse der hochmittelalterlichen Ursprungsnutzung.
Schlussfolgerung: Die zugemauerten Fenster der Hauptburg Angern belegen eine klare bauliche Transformation der Anlage im 17. Jahrhundert. Ihre Analyse erlaubt Rückschlüsse auf Geländeveränderungen, provisorische Nutzungen und die allmähliche Umgestaltung zur barocken Schlossanlage.
Quellen
- Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 412, Nr. 2 und Nr. 4 (1737)
- Gutsarchiv Angern, Rep. H Nr. 79
- Ziegel mit Prägung "Kehnert" (eigene Untersuchung)
- Dorfchronik Angern (Kirchenvisitation 1650, Erwähnung der vier Keller)